GEMEINSAM HAND IN HAND GEGEN RASSISMUS UND FÜR SOLIDARITÄT!

Sevgili Arsaln ailesi, Sevgili Yilmaz ailesi, akrabalari ve aile dostlari,
Sehr geehrter Bürgermeister der Stadt Mölln
Sehr geehrter Herr Generalkonsul der Türkei
Liebe Familienfreunde und liebe Gedenkenden

Für jeden von uns ist es heute nicht einfach, hier zu stehen und teilzunehmen. Mitfühlen, trauern, aufarbeiten und nicht vergessen was passiert ist.

Besonders für die Familie Arslan und ihre Angehörigen muss es schwer sein, heute hier zu stehen und sich erneut an die tragischen Erlebnisse erinnern zu müssen. Es erfordert ein hohes Maß an Stärke, dafür zollen wir Ihnen unseren größten Respekt und Dank.

Heute sind genau 18 Jahre vergangen. 18 Jahre nach einem schrecklichen Erlebnis. Ein Erlebnis welches in die Geschichte Deutschlands einging und die Geschichte der betroffenen Familien schrieb.

In der Nacht des 23 November 1992 gegen 00:30 Uhr entflammte ein Brand in der Ratzeburgerstr. 13., 9 Leute wurden schwer verletzt. In der gleichen Nacht wurde ein weiteres Haus gegen 1:00 Uhr in der Mühlenstraße 9 von Molotowcocktails beworfen. Das Haus der Familie Arslan. 3 Personen starben und viele erlitten schwerste Verletzungen.
Diese Brandanschläge wurden auf Häuser von türkischstämmigen Familien verübt.

Die Großmutter der Familie, Bahide Arslan und ihre Enkellinnen Ayse Yilmaz, damals 14 Jahre alt und Yeliz Arslan, damals 10 Jahre alt starben in Folge des Brandes noch im Hause.

Die Mutter Havva, der Vater Faruk Arslan und ihre Söhne Ibrahim, damals sieben Jahre und Namik, damals 8 Monate alt, gehören zu den Überlebenden. Diese Brandanschläge geschahen durch zwei Rechtsradikale.

Rassismus in unserem Land, Deutschland war damals schon ein Thema.

18 Jahre sind vergangen und leider ist es heute noch ein Thema.
Es findet an anderen Orten statt, es betrifft andere Menschen, es sind andere Täter, es sind andere Angriffe – doch es sind ähnliche Schicksale. Immer handelt es sich dann um Opfer rassistisch motivierter Übergriffe.

In einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ist festgestellt worden, dass Fremdenfeindlichkeit immer salonfähiger wird.

Fast 60 Prozent der Deutschen, enthüllte eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung, verlangen, dass die Religionsausübung für Muslime “erheblich eingeschränkt” wird. Niemals seit der Judenverfolgung wurden Menschen in Deutschland so pauschal, so grobschlächtig und so verletzend ausschließlich nach ihrem Glauben beurteilt und herabgewürdigt.

Nachdenklich stimmen die Äußerungen über die Islamphobie, insbesondere durch die Menschen, die im Alltag keine Muslime kennen oder mit ihnen zusammenkommen. 

In Anbetracht der Geschehnisse in Mölln muss diese Entwicklung ernsthaft beobachtet werden. Die Politik, die Gesellschaft und insbesondere die Medien müssen auffordern, strengstens etwas dagegen zu tun.

Wir zusammen gegen Vorurteile arbeiten. Es müssen Begegnungen geschafft werden, Ängste müssen abgebaut werden. Denn, dass was ich kenne macht mir keine Angst.

Als DeuKische Generation erleben wir es tagtäglich, wie es ist, mit Vorurteilen und Klischees über Menschen türkischer Herkunft konfrontiert zu werden.

Unsere Erfahrung wiederspiegelt immer wieder Folgendes: Kennenlernen und Austauschen, das sind die wichtigsten Elemente um Vorurteile abzubauen. Man darf nicht warten, sondern muss die Begegnungen aktiv mitgestalten, Orte der Begegnung schaffen und diese auch offen halten.

Als DeuKische Generation nehmen wir diese Verantwortung wahr und gestalten aktiv die Gesellschaft mit, in der WIR leben.

Zukunft. Gemeinsam. Jetzt.

Unser Motto für unsere Arbeit gibt wieder, für was wir uns engagieren, nämlich für ein friedliches und gemeinsames Miteinander in Deutschland.

Mölln darf niemals, niemals vergessen werden. Unschuldige Menschen sind von Menschen umgebracht worden, die sie nie gekannt haben, von Tätern, die sich einer Ideologie betätigten, in der Menschen klassifiziert und nach Rassentheorien bewertet werden. Es muss unsere Hauptaufgabe sein, diesem Gedankengut Tag für Tag entgegen zu treten und dagegen zu kämpfen.

Der Kampf für mich begann in den letzten vier Jahren. Ich bin Lamia Özal, Vorstandsmitglied der DeuKischen Generation e.V. DeuKisch steht für unser Lebensgefühl. Die Identität beider Kulturen tragen wir in uns. Als bikulturell und bilingual aufgewachsene Jugendliche fungieren wir als Sprachrohr für die sowohl deutsch, als auch türkisch fühlenden in Deutschland lebenden Menschen.

1992 war ich drei Jahre alt, noch jünger als Ibrahim damals war. Ein kleines Kindergartenkind in Berlin. Fast 250 km ist Mölln von uns entfernt. Und es hätte auch unser Haus treffen können oder das Haus vieler anderer türkischer Familien. Aber ich war drei, zu jung, um zu wissen, was in unserer Umgebung passierte. Die Eltern meiner Freundin wollten zu der Zeit sich ein Haus kaufen. Doch, die Eltern haben sich nicht getraut. Die Ereignisse in Mölln und Solingen waren der Grund warum Sie sich eine Wohnung und kein Haus gekauft haben. Eine Wohnung in einem Haus in dem auch Deutsche leben, weil sie Angst um ihre Kinder hatten, Angst um ihr Leben…

War das der Dank für die Teilhabe an der Gesellschaft? So viele Familien haben mit viel Arbeit und Kraft ihre Wurzeln in Deutschland geschlagen und ihre Lebensgrundlage gesicher. Unsere Großeltern sind kerngesund nach Deutschland gekommen, haben hier für den Wiederaufbau Tag und Nacht geschuftet, war das der Dank?
Heute bin ich 21 Jahre alt und kann mitfühlen. Mir ist bewusst, welche Probleme heute herrschen.

Während ich mich heute für die bessere Integration sozioökonomisch benachteiligter türkischstämmiger Jugendlicher in Berlin einsetze und die Bildung von Jugendlichen unterstütze, um gemeinsam eine friedliche und erfolgreiche Zukunft in unserem Land zu sichern, nehme ich auch an dieser Gedenkfeier der Opfer des Brandanschlags in Mölln teil.

Denn diese Gedenkfeier ist sehr wichtig.

Heute möchte ich mit trauern und mitfühlen gemeinsam mit Ihnen und Euch und weiteren Mitgliedern der DeuKischen Generation, die heute auch dabei sind.

Die Gedenkfeier möchten wir dazu nutzen, um noch mehr, viel mehr für unsere Gesellschaft hier zu tun. Ich möchte Sensibilisieren und Aufklären und für Empathie sorgen. Ich möchte Begegnungen schaffen. Wir möchten unsere Eltern und unsere Geschwister beschützen. Und wir können uns dafür einsetzen, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Denn WIR, UNSERE Gesellschaft hat die Möglichkeit unser Leben hier zu formen und zu ändern. Jeder einzelne trägt hierfür Verantwortung.

Solche Geschehnisse sind für manche von uns zwar undenkbar, aber sie geschehen in unserer unmittelbaren Umgebung und zu jeder Zeit, solange wir nichts tun und nur zusehen.

Heute hat die Familie, wenn auch schwer, gelernt mit den Folgen zu leben aber die Schmerzen und die Ängste sowie Narben bleiben, bis heute.

Während meiner Vorbereitung auf den heutigen Abend hat es mich interessiert, was ich unter dem Suchbegriff „Rassismus im Jahre 1992 in Deutschland“ finden würde: Und ich war erstaunt. Ich war erstaunt wie viele Parallelen zwischen damals und heute eigentlich existieren.
Zum einen fand ich Einträge der israelischen Regierung, die Deutschland aufrief schnellstens etwas gegen die antisemitischen Äußerungen zu tun und zum anderen eine Demonstration von 200.000 Menschen in Berlin mit Lichterketten gegen den Rassismus.
Heute, im Jahre 2010 beginnen die internationalen Wochen gegen den Rassismus des internationalen Rates Deutschland. Heute nach knapp 20 Jahren hat sich in der Welt so viel geändert aber in diesem Punkt sind wir kein Bisschen weiter. Ganz im Gegenteil wir laufen Schritte zurück.

Rassismus in Deutschland wurde salonfähig. Jeder Mensch kann unter dem Vorwand „Das darf man doch auch noch sagen“, öffentlich weite Teile der Gesellschaft beleidigen, erniedrigen und ausgrenzen. Es geschieht nicht nur von Randgruppen der Gesellschaft sondern von der Mitte der Gesellschaft. Es sind Politiker, es sind Akademiker, es ist der ehem. Bundesbankvorstand!

Thilo Sarrazin hat ein Ungeheuer geschaffen welches rassistisches Gift verbreitet hat, die Medien haben es freigesetzt und die Politiker gefüttert.

Und die Gesellschaft macht mit. Laut Bild sind es 80 % der Gesellschaft die diesem Mann Recht geben, 12,5 % würden sogar seine Partei wählen, wenn er denn eine eigene Partei gründen würde.
Es ist zum Alltag der Menschen mit Mitgrationshintergrund geworden, sich öffentliche Demütigungen sowie genetische Rassentheorien anhören zu müssen. Es ist scheinbar normal geworden, dass Politiker Vorurteile bedienen, um mit ihren Äußerungen die rechten Stimmen ergattern zu können. Und tagtäglich wird mehr Panik und Angst gegen den Islam und somit gegen Muslime geschürt. Und viele Schweigen, wenn die gesamte Religion mit Terror gleichgesetzt wird.

Und wenn dann mal einer die Menschen zu Frieden besinnen will, wird er als Verräter deklariert. Auch wenn es sich dabei um den Bundespräsidenten handelt.

Haben wir denn aus nichts gelernt? Weder vom Holocaust noch von Mölln und noch von Solingen oder der noch von den weiteren über 10.000enden Angriffsfällen aus rassistischer Überzeugung. Was sich wohl die Familie Arslan gedacht hat, als sie die Äußerungen Sarrazins hörten?

Eine Familie die viele Opfer gebracht hat. Eine Familie, die ihre Geschichte, eine tragische Geschichte in Deutschland geschrieben hat, und ihre Zukunft trotzdem bis heute in Deutschland sehen konnte und kann.

Gehörte nicht damals auch die Familie Arslan zu den Familien, die unsere heutige Gesellschaft mit aufgebaut haben?

Sind wir nicht heute alle ein Teil dieser Gesellschaft?
Wenn das so ist, warum fürchten wir uns dann?
Warum kann die Familie Arslan nach 18 Jahren immer noch nicht in Ruhe schlafen oder gediegen leben?
Warum müssen wir uns immer noch für unsere Herkunft rechtfertigen, wenn wir von Geburt an mit zwei Kulturen und Sprachen großwerden?
Warum müssen wir für die Akzeptanz in dem Land kämpfen, welches unser Heimatland ist?

Warum muss ein in Deutschland geborener, für die Deutsche Nationalmannschaft spielender, also de facto und de jure Deutscher, einen Integrationspreis erhalten?
Wo hat sich dieser Mensch integriert?
Ist das kein Zeichen von Ausgrenzung?
Warum erhält Klose oder warum erhält Podolski keinen Integrationspreis? Gehören die schon von Anfang an dazu?
Aber Özil nicht?
Muss Özil erst sehr erfolgreich sein um dazugehören zu dürfen?
Warum? Weil Özil muslimischen Hintergrund hat?

Özil ist Teil dieser Gesellschaft, genauso wie Mehmet aus Neukölln und genauso wie die Familie Arslan aus Mölln. Egal ob wir gut Fußball spielen, schlecht in der Schule sind, gut Regie schreiben, oder gut in der Uni sind wir sind alle Teil der Gesellschaft!

Egal ob gut oder schlecht. In der deutschen Aufnahmegesellschaft gibt es auch nicht nur „Gute“. Eines der vielen Beweise ist Mölln.

Wir sollten uns also alle nicht durch die Weltgeschichte wandern, als hätten wir die Demokratie, Gerechtigkeit und Wissenschaft erfunden.
Dieser Brandanschlag in Mölln prägt das Leben der Familie Arslan für immer und wir können ihren Schmerz nicht lindern, aber wir können heute hier bei ihnen stehen und zeigen, dass sie nicht alleine sind und ihren Schmerz mit ihnen teilen. Wir können sie alle unterstützen gegen Rassismus in Deutschland zu kämpfen. Nicht wegsehen. Wir müssen zu unseren Problemen stehen, hingucken und Lösungen entwickeln. Schönrederei hilft niemandem.

Wir möchten in Zukunft nicht noch ein Mölln erleben und darum müssen wir gemeinsam arbeiten . Gemeinsam kämpfen für ein offenes und tolerantes Leben in Deutschland in dem kein Platz für Rassismus ist.
Gehen wir diesen Weg Hand in Hand und verändern

JETZT. GEMEINSAM. ZUKUNFT!!!

Streben wir ein Deutschland an, eine Welt an, in der jeder Mensch als Mensch gesehen und behandelt wird. In der jeder Mensch den gleichen Wert besitzt, weder mit Vorurteilen, noch mit Verurteilungen kämpfen muss.

Wir müssen aus der Vergangenheit lernen, um Fehler in der Gegenwart und in der Zukunft zu vermeiden.

Und dabei spreche ich bewusst von „WIR“ und nicht von „euch“ und „uns“. Wir dürfen nicht stehen bleiben, Deutschland steht für Fortschritt, nicht für Rückschritt. Seien wir Vorbilder.
Am 23. November 1992 ist etwas Schreckliches passiert, aber wir blicken heute am 23.November 2010 in die Zukunft.

Lasst uns EINS sein. Ein Deutschland ohne Rassismus, mit Courage.
Lass uns gemeinsam gegen Rassismus und Intoleranz unsere Stimme erheben und unser Gesicht zeigen.

GEMEINSAM HAND IN HAND GEGEN RASSISMUS UND FÜR SOLIDARITÄT !

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